Einigkeit herrschte in einem Punkt: Die Notwendigkeit von Reformen im Gesundheitswesen wurde nicht angezweifelt. Denn die ständig steigenden Kosten im Gesundheitswesen, aber auch das verstärkte Konsumdenken und der steigende Druck der Öffentlichkeit machen Anpassungen dringend notwendig. Aber zum Wo, Wie und Wann blieben viele Fragen offen. Denn aus den Blickwinkeln der Versicherer, der Spitäler, der Politik oder der Patienten werden die unterschiedlichsten Schwerpunkte gesetzt.
Die Meinungen der verschiedenen Akteure im Gesundheitswesen zeigten deutlich, wie verzwickt die Situation ist. Seit Einführung des KVG vor 15 Jahren wurde eine Vielzahl von Reformen eingeleitet, aber eine Dämmung der Kosten wurde mit keiner erreicht, erläuterte Charles Giroud, Präsident des Verbandes der kleinen und mittleren Krankenversicherer. Und fragte, ob es richtig sei, Reformen ständig mit Kosteneinsparungen zu legitimieren, obwohl alle wissen, dass Einsparungen kaum realistisch seien. Nationalrat Jean-Francois Steiert bemängelte, dass die Gesundheitskosten der Auslöser für fast alle aktuellen Reformen sind und nicht die Bedürfnisse der Patienten und Patientinnen. Nutzen vor Kosten müsse die primäre Zielsetzung sein. Für das BAG sind die Vielzahl der involvierten Akteure und der Reformen erschwerend für die wirksame Umsetzung. Andreas Faller, Vizedirektor BAG, sprach gar von einem Reform-Wasserfall und nahm in Anspruch, nicht nur als Aufsichtsbehörde, sondern auch als Systemgestalter mehr Einfluss zu nehmen. Er forderte eine Grundsatzdiskussion, in der auch «schmerzhafte» Fragen, zum Beispiel die medizinische Versorgung im letzten Lebensabschnitt, zu diskutieren seien.
Kernaufgabe im Fokus
Aus Sicht des Gesundheitsökonomen Gerd Glaeske, Professor an der Universität Bremen, geht es bei Reformen darum, die Versorgung der Patienten auf einem hohen Niveau sicherzustellen, nicht aber darum, den behandelnden Ärztinnen und Ärzten, Spitälern oder anderen Leistungserbringern trotz unterschiedlicher Ergebnisqualität die gleiche Honorierung zuzugestehen. Und deutlich erinnerte er an die Kernaufgabe des Gesundheitswesen: Im Mittelpunkt stehe der Patient und auf ihn habe sich das System auszurichten.
Immer wieder im Mittelpunkt stand die neue Spitalfinanzierung. Sie wurde als epochale Neuerung hingestellt, deren Ausmass noch den wenigsten genau bekannt sei, oder erst langsam bekannt wird. Aber wenn heute im Parlament eine neue Debatte gefordert werde, seien die Hausaufgaben nicht gemacht worden. Es könne nicht sein, dass mitten im Spiel die Spielregeln geändert werden. Als direkt Involvierte äusserte sich Rita Ziegler, Vorsitzende der Spitaldirektion des Universitätsspitals Zürich zum Tempo der Reformeinführungen. Dieses sei zu hoch, weil die Auswirkungen der einzelnen Schritte noch nicht bekannt wären. Sie plädierte für eine verstärkte Begleitforschung, um die Auswirkungen transparent zu machen. Marc Müller, Präsident der Hausärzte Schweiz, argumentierte im Hinblick auf die Managed- Care-Vorlage, dass Veränderungen im System sich oft an anderen Orten auswirken als dort, wo diese realisiert wurden. So werden Probleme nur verschoben, aber nicht gelöst.
Wird das Bild der Solidarität im Schweizerischen Gesundheitswesen idealisiert? Die Solidarität wird gerne gross geschrieben und doch lassen sich die verschiedenen Positionen nicht auf einen Nenner bringen. Es sei aber von grosser Wichtigkeit, alle Personen an einen Tisch zu bringen, meint Marcel Graber, Direktor RVK, der jährlich das Forum der sozialen Krankenversicherer organisiert. Solange der Meinungsaustausch stattfinde, sei die Chance da, dass neue Ideen und Vorschläge im Gesundheitswesen die gewünschte Grundsatzdiskussion auslöse.
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Der RVK ist der Meinung, dass die kleinen und mittleren Krankenversicherer im Markt eine gewünschte, interessante Alternative zu den grossen Versicherern sind – heute und morgen.
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